Fallbeispiel: Verspannungen im Nacken und Halswirbelsäule

 

Kurze Schilderung der Symptomatik

Patientin mit 70 Jahren, sehr schlank und mit starken Schmerzen an der rechten Schulter. Röntgenologisch war eine Verkalkung der Bicepssehne nachgewiesen. Ihr war zur Op. geraten worden. Auffallend ist eine starke Kyphosierung der Brustwirbelsäule und ausgeprägter und schmerzhafter Muskelhartspann im Schulter-Nackenbereich. Der Atem war sehr flach und kaum wahrnehmbar. Neben einer physiotherapeutischen Behandlung mit Massage und einmaliger Quaddelung mit naturheilkundlichen Medikamenten erlernte sie einfache angepasste Übungen des Freien Atems zur Förderung der Flankenatmung.

 

Übungsansatz

Ziel war, den gesamten Schulter-Nacken-Bereich wieder in freiere und gelöstere Verhältnisse zu bringen. Wesentlich war hierbei die Wiedergewinnung der stark geschwächten Aufrichtekraft aus dem unteren und mittleren Rücken. Denn erst die Aufrichtekraft, Dynamik und auch dieser Halt im unteren und mittleren Rücken ermöglicht eine auf Dauer gelöstere Schulter-Nacken-Situation. Weiterhin strömt die Dynamik bis in die BWS ein, löst Blockaden und mobilisiert diese und ermöglicht so eine freiere idealere Stellung der Halswirbelsäule und des Schulter-Nackenbereiches.

Übungen zur muskulären Kräftigung des unteren Rückens wären hier möglich. Doch die Übungen zur Förderung der Flankenatmung kräftigten nicht nur den unteren Rücken. Sie erbauten mit der Zeit eine sehr leichte und doch dynamische Aufrichtekraft, die die ganze Körperhaltung förmlich öffnet und den Oberkörper aus den heute häufig bedrückten und angespannten Verhältnissen heraus entfaltet.

Zum Anregen dieser heilsamen Aufrichtekraft wurde nicht nur am Körper selbst angesetzt. Wesentlich war, dass der Patient zunehmend kennen und erleben lernt, dass es um den Körper herum einen weiten und freien Raum gibt, in dem die Bewegungen leicht und frei stattfinden können und der förmlich zu leichten freien und weiten Bewegungen einlädt.

Das zunehmende reale Erleben diese freien Raumes um den Körper „befreit“ den Atem und auch das Bewusstsein von einem zu engen ängstlichen und subjektiven Körpererleben. Eine viel freiere Sicht und auch eine freiere Umgangsmöglichkeit mit dem Körper entstand. So konnte die Patientin freier mit Schmerzen und Einschränkungen umgehen, sie wurde durch sie nicht mehr so gefangen genommen. Aber auch ihre vorhandenen körperlichen Möglichkeiten konnte sie freier sehen und einsetzen. Dieser freiere Umgang mit „Einschränkungen und Möglichkeiten“ übertrug sich sogar zu einem gewissen Grad auf ihr Leben.

Es wurde eine sog. Basisübung eingesetzt. Sie fördert das Erleben eines weiten und freien Raumes. Die ganze Flankenatmung entfaltet sich und damit die Aufrichte- und Spannkraft der Wirbelsäule.

Bei dieser Übung bewegt sich der Arm weit im Raum in einem leicht aufsteigenden Bogen nach oben. Diese schöne Möglichkeit kann man sich vor der Ausführung lebendig Vorstellen. Je mehr nun beim Praktizieren diese leichte Armbewegung im Raum auch bewusst wahrgenommen und erlebt wird, desto befreiender wirkt sie auf die Flankenregion und auf die Atmung. Dann kann sich auch die aufrichtende Muskulatur aus dieser Region leicht entfalten und der Schultergürtel wird leicht und gelöst.

So ist für die Wirkung wesentlich, dass das Bewusstsein (durch die Vorstellung und die Wahrnehmung in der nachfolgenden Praxis) aktiv und formend bis hinein in den Körper tätig ist.

Es empfiehlt sich täglich eine, zwei oder drei Bewegungsübungen im Sinne der Gliederung auszuführen. Die Flankenatmung in Kombination mit anderen Körperübungen wie z.B. die verschiedenen Dreiecksvariationen ist sehr sinnvoll.

 

Fazit

Auf diese Weise entwickelte die Patientin einen Sinn für die Wirkungen eines freien Bewusstseins auf den Körper. Sie konnte besser ihre eigene Situation am Körper und sogar innerhalb der Familie wahrnehmen und dadurch trat schon eine Entlastung ein. Darüber hinaus konnte sie durch diesen freieren Blick, entlastende Veränderungen am Körper bewirken: eine gelöstere Haltung, besonders im Schulter-Nackenbereich und die Belebung und Mobilisation der Brustwirbelsäule. Auch in ihrem Leben konnte sie Entlastungen bewirken, z. B. durch eine Veränderung der Freizeitgestaltung mit dem Partner. Insgesamt konnte durch Übungen des freien Atems eine sehr rasche und nach einem halben Jahr immer noch bestehende Schmerzfreiheit erreicht werden